Raubkunst aus China?

Ergebnisse zur Provenienzforschung veröffentlicht

Deutsches Sielhafenmuseum Carolinensiel. Teekanne mit Deckel, Porzellan 20. Jahrhundert, Suzuki Company Japan, Inventar-Nr. SHM-04338
Lizensiert gemäß Alle Rechte vorbehalten von Deutsches Sielhafenmuseum Carolinensiel

Bereits im Jahr 2021 haben vier ostfriesische Institutionen einen Teil ihres Sammlungsbestands im Hinblick auf Raubkunst untersuchen lassen. Nun sind die Ergebnisse als Buch erschienen. Zusätzlich kann das Werk kostenfrei als PDF auf dem Portal www.arthistoricum.net heruntergeladen werden.

Im Rahmen eines vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderten Projekts wurde vom Historischen Forschungsinstitut Facts & Files aus Berlin und mit Unterstützung des Netzwerks Provenienzforschung in Niedersachsen Sammlungsgut aus China untersucht. Antragstellerin war die Ostfriesische Landschaft. Dabei erklärten sich das Deutsche Sielhafenmuseum Carolinensiel, die Naturforschende Gesellschaft zu Emden von 1814, das Ostfriesische Teemuseum Norden und das Fehn- und Schiffahrtsmuseum Westrhauderfehn bereit, Objekte aus ihren Sammlungen in die Untersuchung einfließen zu lassen.

Insgesamt wurden mehr als 600 Stücke untersucht, die vermeintlich aus China stammen. Sie sollen maßgeblich in der Zeit von 1897 bis 1914 nach Ostfriesland gelangt sein, als sich Qingdao unter deutscher Kolonialherrschaft befand. Dabei lassen sie sich in die Kategorien Keramik, Steingut und Porzellan, Kunsthandwerk, Musikinstrumente, Textilien sowie Alltagsgegenstände wie beispielsweise Schirme, Pfeifen und Spazierstöcke einteilen.

Prof. Sun Lixin von der Shangdong University in Jinan unterstützte die Forschung durch Recherchen in chinesischen Archiven. Er kam für die hiesigen Kolleginnen und Kollegen zu dem überraschenden Ergebnis, dass es sich bei den Museumsstücken zum großen Teil um Export- und Massenware handelt. Somit gelangten die Objekte nicht als Raubkunst nach Ostfriesland, sondern wurden beispielsweise von Seeleuten, Soldaten oder Händlern als Souvenirs und manchmal wohl auch als vermeintlich wertvolle Antiquitäten mitgebracht.

Viele der Objekte stammen demnach noch nicht einmal aus China, sondern zum Beispiel aus japanischer Massenproduktion, die sich speziell an die kauffreudige Klientel aus Europa richtete. Ein unrechtmäßiger Erwerb ließ sich übrigens bei keinem der Objekte nachweisen. Somit müssen keine Ausstellungsstücke zurückgegeben werden. Dr. Nina Hennig, Leiterin der Museumsfachstelle bei der Ostfriesischen Landschaft, stellt fest: „Es mag ein wenig enttäuschend sein, dass unter den untersuchten Exponaten keine wertvollen Kunstschätze sind. Grundsätzlich freuen wir uns aber über das gewonnene Wissen und darüber, dass die Objekte unseren Ausstellungen erhalten bleiben und nicht abgegeben werden müssen“. Die ostfriesischen Museen können die jeweiligen Objekte nun in ihren Ausstellungen besser einordnen und mit dem neuen und zusätzlichen Wissen besser vermitteln.

Die Ergebnisse der Studie sind online abrufbar.

 

Sebastian Schatz (Ostfriesische Landschaft)

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Das Vorhaben „KultinO“ wird innerhalb des Programms Region gestalten des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt und Raumforschung gefördert.