Erinnern und Gestalten
Frisia Judaica lädt zum Mitmachen ein

Das Netzwerk „Reise in das jüdische Ostfriesland“ setzt sich seit mehr als zehn Jahren für die Sichtbarkeit jüdischen Lebens in Ostfriesland. Jetzt tritt der Arbeitskreis unter einem neuen Namen an und bekommt eine neue Webseite.
Unter dem Titel Frisia Judaica ist im vergangenen Jahr ein einzigartiges Portal entstanden, das sich der Erforschung und Erinnerung an das jüdische Leben in Ostfriesland und den angrenzenden Regionen widmet. Das Herzstück dieses ambitionierten Projekts bildet eine umfassende Webseite, die als zentrale Plattform für Wissenschaftler, Historiker, Institutionen und die breite Öffentlichkeit dient. Die Initiative für die Webseite ging maßgeblich von Matthias Süßen, Stephan Horschitz und Welf-Gerrit Otto aus, die alle drei Mitglieder des Netzwerkes zur Erforschung der Geschichte der Juden in Ostfriesland und den Nachbarregionen sind.
Stephan Horschitz beschreibt die Vision des Projekts so: „Die Idee ist es, eine zentrale Plattform zu schaffen, über die sich sowohl Einheimische als auch Touristen umfassend über die Geschichte der Juden in Ostfriesland und den Nachbarregionen informieren können.“ Die Netzwerkmitglieder verbindet nicht nur ihr wissenschaftliches Interesse, sondern auch die Leidenschaft, die jüdische Kultur in der Region wieder sichtbarer zu machen. Welf-Gerrit Otto ergänzt: "Mit dem Namen Frisia Judaica betonen wir unsere grenzüberschreitende Ausrichtung und die Bedeutung unserer Arbeit für das niederländisch-deutsche Grenzgebiet und Europa."
Die nun bald online gestellte Webseite zeigt, dass das Netzwerk diesem Anspruch gerecht wird. Frisia Judaica bietet nicht nur tiefgehende Einblicke in die jüdische Geschichte der Region, sondern verbindet Menschen und Institutionen über Ländergrenzen hinweg, um dieses wertvolle Erbe zu bewahren und zu erforschen. Besonders beeindruckend ist die enge Zusammenarbeit mit den vor Ort tätigen Initiativen, wie Museen, Gedenkstätten und ehemaligen Synagogengemeinden. "Insgesamt haben sich 17 Einrichtungen, darunter neun Museen, zusammengeschlossen, um die Geschichte der jüdischen Gemeinden in Ostfriesland zu dokumentieren und in Erinnerung zu rufen“, freut sich Otto, der bei der Ostfriesischen Landschaft Ansprechpartner des Netzwerkes ist.
Anlässlich des 75. Jahrestages der Pogromnacht von 1938 hat das Netzwerk begonnen, seine Arbeit systematisch auszubauen. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die jüdische Kultur in Ostfriesland nahezu ausgelöscht. Nach dem Krieg wurde dieses Erbe bis in die 1980er Jahre hinein kaum beachtet. Erst in den letzten Jahrzehnten setzt ein Umdenken ein, und Projekte wie Frisia Judaica tragen dazu bei, die Geschichten der jüdischen Gemeinden zu bewahren und dem Vergessen entgegenzuwirken. Seit 2013 arbeitet der Arbeitskreis intensiv daran, die Vergangenheit zu erforschen und gleichzeitig eine lebendige Erinnerungskultur zu schaffen.
Die nun entstandene Plattform fungiert dabei als zentrale Anlaufstelle für Interessierte. Sie bietet nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern beleuchtet das jüdische Leben aus vielfältigen Perspektiven. So wird den Geschichten der Menschen, die einst in Ostfriesland lebten und wirkten, ein Gesicht gegeben. Besonders die grenzübergreifende Ausrichtung macht Frisia Judaica zu einem wichtigen Akteur in der europäischen Gedenkkultur. "Es knüpft an die Tradition früherer Dokumentationsprojekte an, erweitert diese durch internationale Kooperationen sowie moderne Forschungsansätze und ist offen für alle“, erklärt Matthias Süßen. Er betont: "Indem wir die Vergangenheit erforschen und bewahren, schaffen wir eine Grundlage für eine tolerante und friedliche Zukunft.“
Über mehrere Monaten haben die Netzwerkmitglieder daran gearbeitet, dieser Vision auch online ein Gesicht zu geben. Jetzt steht das Projekt kurz vor dem Sprung in die Öffentlichkeit: Am 21. Oktober um 17 Uhr wollen die Initiatoren die Webseite freischalten.
Beendet ist die Arbeit des Netzwerkes damit noch lange nicht. „Frisia Judaica ist kein abgeschlossenes Projekt, sondern ein lebendiges, stetig wachsendes Portal, das auf die aktive Mitarbeit des gesamten Netzwerks angewiesen ist. Nur durch den fortwährenden Austausch und die Zusammenarbeit aller Beteiligten kann es gelingen, sowohl die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten als auch den reichen jüdischen Kulturschatz in der Region für zukünftige Generationen zu bewahren“ so Horschitz. Besonders wichtig ist dem Netzwerk der Gedanke der Partizipation. Matthias Süßen betont: "Frisia Judaica lebt vom Mitmachen. Jeder, der das Erbe der jüdischen Gemeinden in Ostfriesland und darüber hinaus bewahren möchte, ist eingeladen, sich aktiv einzubringen und Teil dieses wachsenden Netzwerks zu werden“.
Matthias Süßen (Frisia Judaica)
In diesem Beitrag erwähnt
Frisia Judaica
Auf den Spuren des jüdischen Erbes in Ostfriesland und den Nachbarregionen
Frisia Judaica: Launch der Webseite
Auf den Spuren des jüdischen Erbes in Ostfriesland und den Nachbarregionen
Matthias Süßen
Journalist | Blogger | Dozent
Regionale Kulturagentur der Ostfriesischen Landschaft
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